Wenn Mutterschaft zur beruflichen Sackgasse wird

Ein Weg. Darauf in Kreide gemalt: Keep Going Mama.

Eine Geschichte über Mutterschaft im patriarchalen Arbeitssystem

Ich begegne in meiner Arbeit immer wieder Geschichten, die mich innehalten lassen. Nicht, weil sie laut oder dramatisch sind, sondern weil sie so vertraut wirken. Geschichten von Frauen, die merken, dass Arbeit und Leben plötzlich nicht mehr zusammenpassen.

Vielleicht ist in dieser Geschichte etwas, das dich leise anspricht. Weil sie etwas zeigt, was viele Frauen kennen.


Warum Arbeit für viele Identität und Sicherheit bedeutet

Frauen, die zu mir ins Coaching kommen, beschreiben ihre Arbeit selten als einen x-beliebigen Job.

Arbeit gibt ihnen Struktur, Anerkennung, Sicherheit. Und oft auch Identität.

Arbeit ist der Ort, an dem sie sich wirksam fühlen.
Gesehen. Gebraucht. Als ein wichtiger Teil der Gesellschaft.

Und genau deshalb wird es existenziell, wenn dieser Teil plötzlich wegbricht – oder wenn sie dort nicht mehr vorgesehen sind.

Die folgende Geschichte von Elena ist eine von vielen. Den Namen habe ich geändert. Und doch erzählt sie exemplarisch, wie Mutterschaft im patriarchalen Arbeitssystem zur beruflichen Sackgasse werden kann.

Elena: eine Geschichte über Mutterschaft und Karriere

„Ich bin schwanger“, sagt Elena mit leiser Stimme. Nicht jubelnd. Eher vorsichtig. Tastend.

Vor zwei Monaten hat Elena einen neuen Arbeitsvertrag unterschrieben. In wenigen Wochen startet sie ihren neuen Job. Neue Firma. Höhere Position. Nächster Karriereschritt.
Eine Gelegenheit, auf die sie lange hingearbeitet hat.

Privat ist vieles noch im Übergang.
Die Beziehung ist jung. Sie kennt den Vater des Kindes erst wenige Monate. Familie gründen war bei ihnen noch kein Thema. Und jetzt das. Sie ist schwanger.

Schwanger im neuen Job – wenn Karriere plötzlich infrage steht

Elena entscheidet sich für die Schwangerschaft, dafür Mutter zu sein. Mit Partner oder ohne. Doch sie spürt sehr schnell:
Ihre Situation ist kompliziert. Es fühlt sich nicht nach einem „einfach erzählen“ an - immerhin hat sie dort noch nicht mal angefangen.

Sie lässt sich arbeitsrechtlich beraten und beschließt, die Schwangerschaft erstmal nicht zu erwähnen.
Nicht aus Boshaftigkeit.
Nicht aus Berechnung.
Sondern aus Angst mit einem kleinen Schimmer Hoffnung.

Hoffnung darauf, dass ihre Leistung zählt.
Dass ihre Qualifikation sie schützt.
Und hey, immerhin leben wir im 21. Jahrhundert, was soll schon passieren?

Als Elena ihren neuen Job antritt, weiß keiner, dass sie schwanger ist. Für dieses “Verheimlichen” schämt sie sich. An jedem einzelnen Arbeitstag. Ihre Kleidung trägt sie extra weit. Sie fühlt sich verkleidet. Nicht sie selbst. Nicht authentisch.

Sie wartet auf den richtigen Moment.
Auf die 12. Schwangerschaftswoche.
Will sich erst beweisen.
Will zeigen, was sie kann, bevor sie etwas offenlegt, das sich seltsamer Weise wie ein Makel anfühlt - zumindest an diesem neuen Arbeitsplatz.

Die ersten Wochen sind körperlich anstrengend.
Übelkeit. Erschöpfung. Dieses ständige Funktionieren.
Sie gibt sich Mühe, sich nichts anmerken zu lassen. Bloß nicht auffallen. Bloß nicht schwanger wirken.

Gleichzeitig übernimmt sie sofort viel Verantwortung.
Leitet ein internationales Projekt.
Gibt mehr, als sie eigentlich müsste. Geht brav die Extrameile.

Nicht, weil sie es genießt oder weil es ihr so leicht fällt.
Sondern weil sie spürt, dass sie sich in ihrer Lage erst recht beweisen muss. Sich absichern muss.

Schwangerschaft offenlegen im Job – der Moment, der alles verändert

In der 12. Schwangerschaftswoche bittet Elena ihren Vorgesetzten um ein persönliches Gespräch.
Sie ist nervös. Innerlich schon im Schuldmodus.

Als sie vor ihm ausspricht, dass sie schwanger ist, entsteht diese besondere Stille. Diese Art von Schweigen, die schwer im Raum hängt.

Er gratuliert. Erzwungen. Höflich. Nicht wirklich ehrlich.
Und sagt dann einen Satz, der es wirklich in sich hat:

“So ganz unplanbar sei eine Schwangerschaft ja nicht.
Aber gut. Damit müsse man jetzt eben umgehen.”

Nicht übernommen nach der Elternzeit – trotz Top-Qualifikation

Ihre Schwangerschaft wird Elena nicht offen vorgeworfen.
Und doch ist dieser riesengroße Elefant im Raum immer spürbar.
Als hätte sie etwas verbrochen. Vorsätzlich getäuscht. Den Arbeitgeber hintergangen.

Elena hält durch. Und sie gibt ihr Bestes.
Arbeitet mehr als sie sollte, dürfte.
Bis zum Mutterschutz.
Bis zum letzten Arbeitstag.

Doch übernommen wird sie nicht. Als ihr befristeter Vertrag ausläuft, wird sie entlassen. Einstellungsstopp wegen Corona - lautet die offizielle Begründung.

Elena steht mit ihrem 1-jährigen Kind, unverheiratet, in ihrer noch unsicheren Partnerschaft ohne Arbeitsplatz da.

Keine Jobchancen als Mutter – Absagen trotz bester Qualifikation

Elena gibt nicht auf.
Sie bewirbt sich weiter.
Sorgfältig. Mit zwei Studienabschlüssen. Mehrjähriger Berufserfahrung. Sehr guten Referenzen.

Und das während sie die volle Care-Arbeit für ihr Kleinkind übernimmt. Denn ihr Partner muss plötzlich 3 Köpfe finanziell versorgen. Von geteilter Care-Arbeit kann er nur träumen. Finanziell unmöglich.

Bei Elena tut sich beruflich nichts auf.
Auf etliche Bewerbungen folgen Absagen.
Standardabsagen. Immer die gleichen.
Nicht ein einziges Vorstellungsgespräch.
Nada.
Niente.

Vielleicht ist es ein Fehler, mit offenen Karten zu spielen.
Vielleicht wäre es klüger, zu verschweigen, dass sie ein Kind hat.
Vielleicht sollte sie die Lücke im Lebenslauf mit “Sabbatical” füllen statt mit “Care-Arbeit” oder “Elternzeit” - wird ihr zumindest von Freund*innen geraten.

Doch verheimlichen kann – und möchte – sie nichts.
Nein, sie möchte sogar mit offenen Karten spielen. Immerhin ist sie hochqualifiziert, engagiert und ambitioniert - und leben wir nicht im 21. Jahrhundert?

Teilzeit oder Vollzeit? Das berufliche Dilemma von Müttern

Ellena möchte ein Unternehmen finden, das sie als Mutter eines Kleinkindes einstellt. Und sie möchte selbstverständlich eine ihrer Qualifikation angemessene Stelle. Und das in Teilzeit.

Vollzeit ist für sie erst einmal keine Option.
Sie will auch mit ihrem Kind sein.
Geteilte Care-Arbeit.
Für ihr Kind da sein und sich beruflich verwirklichen.

„Selbst schuld“, hört sie Stimmen sagen.
„Karriere machen und Mutter sein – das geht nicht.“
Das sei per se paradox.
Da müsse man sich eben entscheiden.
Wer kann schon in Teilzeit die Welt retten?

Elena steckt fest in einem absurden Dazwischen.
In einem Dilemma, das unlösbar scheint:
Ist sie zu viel Mutter für eine berufliche Karriere?
Oder hat sie zu viel berufliche Ambitionen für eine Mutter?
Sind ihre Vorstellungen - Mutterschaft und Karriere zu vereinen - wirklich so paradox?

Für Elena fühlt sich ihre Lage ausweglos an.
Dieses permanente Gefühl, sich rechtfertigen oder schämen zu müssen - für ein Leben, das sie genauso leben möchte, wie es für sie stimmig ist. In dem ein Kind und ein ambitionierter Job Platz haben.

Wie Mutterschaft im Arbeitsmarkt noch immer benachteiligt wird

Die Geschichte von Elena zeigt:
Mutterschaft scheint leider immer noch in vielen (nicht allen) Unternehmen ein Störfaktor zu sein. Nicht offen. Nicht ausgesprochen.
Aber für die Betroffenen spürbar.

Als stünde Mutterschaft in Konkurrenz zur Arbeit.
Ja, so als sei Mutterschaft eine Bedrohung für das Arbeitssystem.
Das unsere volle Aufmerksamkeit braucht.
Das genährt und umsorgt werden will.
Und nichts neben sich duldet.
Vergleichbar mit einem Baby.

Eine absurde Vorstellung.
Vielleicht etwas zu radikal.
Aber irgendwo steckt auch ein kleiner Funke Wahrheit drin, findest du nicht?

Selbstständigkeit als Ausweg aus einem mütterfeindlichen System

Nach Jahren trifft Elena eine Entscheidung für sich und ihr Leben:
Sie kehrt einem System den Rücken, das für ihre Lebensrealität keinen Platz hat.
Und beginnt, sich etwas Eigenes aufzubauen. Selbstständig zu werden. Ein kleines Solo-Business zu gründen.

Nicht, weil es leicht ist, immerhin hat sie mit der Care-Arbeit eine 24/7 Beschäftigung.
Sondern weil es sich stimmiger anfühlt, als sich weiter an einem System abzuarbeiten, das sie (zumindest gefühlt) aussortiert, seit sie Mutter ist.

Elena hat sich für ein Umdenken entschieden und will die Arbeitswelt aktiv mit verändern - damit es ihre Tochter einmal leichter hat, wenn sie sich irgendwann auch für eine Mutterschaft UND Karriere entscheidet.

Und ja Elena weiß, dass sie als weiße cis-Frau in Deutschland zu der privilegierten Sorte zählt, und es sich andere Menschen nicht erlauben können, über berufliche Ambitionen überhaupt nachzudenken. Weil es keine reale Chancengleichheit gibt. Und keine Gerechtigkeit in diesem patriarchalen System.

Wie eine familienfreundliche und gerechte Arbeitswelt aussehen könnte

Stell dir einmal vor, viele solcher Elenas* entschließen sich eines Tages dafür, es anders zu machen. Umzudenken. Die Arbeitswelt neu zu denken und menschenfreundlich zu gestalten.
Eine Arbeitswelt, in der Mutterschaft begrüßt, ja sogar unterstützt wird.
Eine, in der Care-Arbeit bezahlt wird. Eine, in der Eltern von Geburt des Kindes an, Teilzeit arbeiten können und trotzdem das volle Gehalt bekommen.
Was wäre das für eine Welt? Und wieviel mehr Leben und Genuss wäre da möglich?

Und vielleicht geht es dabei um mehr als individuelle Lebensentwürfe.
Vielleicht geht es auch um die Frage, wie wir als Gesellschaft in Zukunft leben wollen.

Was passiert, wenn sich immer mehr Menschen gegen Kinder entscheiden, nicht aus fehlendem Kinderwunsch heraus, sondern aus Angst, sich beruflich aufgeben zu müssen?
Was passiert, wenn Elternschaft zu einem Privileg wird – nur für wenige möglich, die finanziell über genügend Ressourcen verfügen?

Kinder zu bekommen und liebevoll großzuziehen, sollte keine private Liebhaberei sein. Sondern eine gesellschaftliche Aufgabe.
Eine Zukunftsangelegenheit.

Eine Arbeitswelt, die Mutterschaft – und Elternschaft insgesamt – nicht mitdenkt, stellt sich letztlich selbst ein Bein.
Denn sie verliert nicht nur Eltern. Sie verliert Fürsorge, Verantwortung, Verbundenheit – und langfristig auch ihre eigene Grundlage.

Vielleicht ist es also nicht ganz so naiv, von einer anderen Arbeitswelt zu träumen. Vielleicht ist es notwendig.

Die Geschichte von Elena steht für viele Menschen*, die erleben, wie Mutterschaft (auch Vaterschaft) zur beruflichen Sackgasse wird – nicht wegen fehlender Kompetenz, nicht wegen mangelnder Motivation, sondern wegen starrer, patriarchaler Strukturen.

Arbeit neu denken – jenseits von Selbstoptimierung

Wenn Frauen mit dieser Erfahrung zu mir ins Coaching kommen, geht es nicht darum, sich zu optimieren.
Nicht darum, wieder „passend“ zu werden für ein System, das sie ausgespuckt hat.

Sondern um etwas anderes.

Ich lade dich ein, das Hamsterrad für einen Moment zu verlassen.
Daneben zu stehen.
Es zu betrachten.
Und erst einmal wirken zu lassen, wie es ist, nicht mehr mitzurennen.
Nicht mehr mitzuspielen - bei einem Spiel, bei dem der Gewinner schon feststeht.

Ich lade dich ein - für einen Moment - alles zu vergessen, was du je über Arbeit gelernt hast.
Wie Arbeit zu sein hat.
Wie du zu sein hast.

Und ich lade dich ein, Arbeit neu zu denken.
Umzudenken.
Anders zu denken.
Zu erfinden. Zu gestalten. Für dich passend zu machen.

Vielleicht als etwas, das stärkt, das nährt.
Das Energie schenkt.
Und sich ins eigene, selbstbestimmte Leben fügt –
Platz zum Leben lässt.


Reflektion zum Jahresabschluss

Und wenn du magst, dann nimm dir diese Reflexionsfragen zum Jahresabschluss in einem ruhigen Moment zur Hand, vielleicht bei einer wärmenden Tasse Tee oder Kaffee und bringe deine Antworten mit einem Stift aufs Papier:

  1. Was hab ich im vergangenen Jahr Neues über mich erfahren? Vielleicht ist es eine neuentdeckte Seite, eine Eigenschaft, eine Vorliebe, ein Interesse?

  2. Für welche Erfahrung, welches Ereignis, welche Begegnung, welchen Moment im vergangenen Jahr bin ich besonders dankbar? Und warum? Was hat es mich gelehrt? Mir eröffnet? Mir gezeigt?

  3. Was möchte ich in diesem Jahr verabschieden? Was hat für mich ausgedient? Welche Pläne? Welche Vorstellungen? Welche Ziele?

  4. Welche kleinste Veränderung im meinem Beruflichen möchte ich im neuen Jahr angehen? Schreib diese konkret auf.

    Und wenn du diese kleinste Veränderung gefunden hast, dann lade ich dich ein, dir einmal vorzustellen:
    Du hast diese kleine Veränderung erreicht. Der Tag ist gekommen und du hast es geschafft. Es ist perfekt. Du hast dein Ziel erreicht. Es fühlt sich gut an. Spüre mal in dich hinein, wie du dich jetzt im Moment fühlst. Jetzt, wo du das, was du dir vorgenommen hast, erreicht hast. Es geschafft hast.
    Schreibe auf, was du gerade wahrnimmst in deinem Körper, in deinem Gesicht. Welche Bilder siehst du? Was riechst oder hörst du? Beschreibe im Detail und lasse deine Hand den Stift auf dem Papier führen.


Und wenn du dir bei deinen neuen Plänen Begleitung wünschst im neuen Jahr, bin ich gern an deiner Seite.

Im systemischen Coaching halte ich einen geschützten Raum für dich,
in dem du erkennen kannst, was dich zurückhält –
und was du brauchst, um in deine sinnerfüllte und selbstbestimmte Arbeit zu gehen.
Nicht irgendwann. Sondern jetzt.

📩 Schreib mir gerne an: hallo@julianafrank.com
Oder wirf einen Blick auf mein Angebot
👉 Systemisches Coaching für berufliche Neuorientierung

 

Hey, ich bin Juliana Frank

Frau in schwarzem T-Shirt schaut einen offen, leicht lächelnd an

Systemische Beraterin und Coach für sinnerfülltes Arbeiten

Ich begleite Menschen, die spüren, dass sie so nicht weitermachen wollen und die sich nach einer Arbeit sehnen, die sich stimmig und richtig anfühlt und ihnen Raum zum Leben lässt.

Als Systemikerin arbeite ich mit Blick aufs Ganze: auf das, was im Hintergrund wirkt – familiär, gesellschaftlich, biografisch – und darauf, wie es unsere Art zu arbeiten und zu leben beeinflusst.

Ich glaube daran, dass sich die Arbeitswelt verändern muss. Und das wir ein neues Bild von Arbeit erschaffen dürfen. Und ich begleite Menschen genau da, wo Neues entstehen will – ehrlich, einfühlsam und mit systemischer Klarheit.

 

Und hier noch ein paar Buchempfehlungen:

Unlearn Patriarchy: Feministische Impulse für Wege aus dem Patriarchat. Lisa Jaspers, Naomi Ryland, et al. (2024)

Frau Komachi empfiehlt ein Buch. Michiko Aoyama (2024)

Work is not a Job: Was Arbeit ist, entscheidest du. Catharina Bruns (2013)

Neue Arbeit, neue Kultur. Frithjof Bergmann (2017)

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Auszeit von der Care-Arbeit ohne Schuldgefühle